Teil 2: Mit dem Elektroauto nach Kroatien – die Hinfahrt

Mit dem Elektroauto nach Kroatien? Unsere Reise mit dem ID.3 an die Adria.

In Teil 1, hatte ich über meine Gedanken rund um die Reise festgehalten. Wie oft werden wir stehen bleiben, wo werden wir laden und so weiter. In diesem zweiten Teil möchte ich euch meine Eindrücke der ersten, richtigen Langstreckenfahrt nach Kroatien teilen. Spoiler: Es war langweiliger als gedacht. Doch der Reihe nach.

Nicht Langstreckentauglich? Ernsthaft?

Wenn ich so berichte von Menschen lese, die ernsthaft behaupten, dass sie über 7,5 Stunden von München nach Zagreb (600 Kilometer) mit dem Elektroauto gefahren sind, dann frage ich mich: Wie blöd muss man sich eigentlich anstellen oder… machst du das absichtlich? Aber das ist ein anderes Thema.

Jedenfalls. Die Hinfahrt war angenehm. Die Autobahnen waren leer, die Temperaturen in Ordnung und der ID.3 hat uns in Sachen Reisekomfort nicht enttäuscht. Er ist super leise, die Federung ist butterweich und die Fahrassistenten, wie der Travelassist sorgen dafür, dass ich während der Fahrt defacto nicht ermüde – sie unterstützen einen beim Lenken, Abstand halten und so weiter. Heißt: Ich bin deutlich entspannter unterwegs. Aber der Reihe nach.

Erster Ladestopp bei Maribor

Ich hatte um 16:17 getwittert, dass es los geht. Nun, ich musste meine liebe Frau noch von der U-Bahn Station Perfektastraße abholen. Ich war dann noch früher da und das verursachte dann noch Wartezeit. Effektiv sind wir um 16:50, mit 98% Akku und 341 Kilometer Reichweite weggefahren und sind bei Ionity bei Maribor um 19:18 mit 23% angekommen. Um satte 13% mehr als geplant. Der Verbrauch lag bei 16 kWh. Wir haben für die Strecke 2,5 Stunden gebraucht und lagen somit perfekt in der Zeit. Das Auto zeigt hier allerdings 3 Stunden an, da ich um 16:17 aus Breitenfurt losgefahren bin.

Der erste Ladestopp in Maribor. Die Ionity Säule wollte zunächst nicht – lag aber ab meiner Ungeduld… Und der Tatsache, dass man zuerst die Sprache am Display auswählen sollte….

Der ursprüngliche Reiseplan war, dass wir hier wieder rund 40 Minuten laden und mit 90% weiter fahren um in Koper unseren zweiten Ladestopp einlegen. Doch wir hatten es uns anders überlegt, da es bei dieser Rastation nur eine Tankstelle gab und sonst leider keine andere Gastronomie. Somit änderte sich der Plan von einer zwei Stopp- in eine Drei-Stopp-Strategie. Die reine Ladezeit war bei 27 Minuten und wir haben 30,20 kWh nachgeladen (inkl. Ladeverluste). Das heißt: 78 statt 90% und 270 Kilometer Reichweite. Bei einer Strecke von 238 Kilometer. Das hätte, theoretisch, gut gepasst. Aber wir wollten hier auf Nummer sicher gehen.

Zweiter Ladestopp kurz vor Ljubljana

Gut, ich muss zugeben, dass es mich auch interessiert hat, wie reibungslos die Ladung bei OneCharge von Petrol (das ist die slowenische OMV) funktioniert. Und ja: Es funktioniert sehr gut. Einfach die App runterladen (wobei das nicht zwingend notwendig ist), die Zahlungsdaten hinterlegen und schon kann die Ladung gestartet werden. Das Hinterlegen der Zahlungsdaten ist leider nicht ganz klar, deshalb hier ein Video:

Noch bis Februar hat OneCharge 21 Cent für die Kilowattstunde verlangt. Danach kam eine Preiserhöhung auf 38 Cent (!). Eine Verteuerung von 80% – das ist Wucher. Vor allem für eine Ladestation, die nur 50 kW bietet und somit die Ladezeit für Autos, die 100 kW und mehr können, verdoppelt. Aber… aus irgendeinem Grund habe ich “nur” 0,30€ für die Kilowattstunde bezahlt. Es gab einen Rabatt von 0,98€

Immerhin: Nach dem erfolgreichen Ladevorgang, bekommt man eine E-Mail mit einer ordentlichen Rechnung! Leider gibt es noch keine Möglichkeit für Unternehmen ihre Umsatzsteuernummer zu hinterlegen.

Bei diesem Stopp haben wir die Zeit genutzt aufs WC zu gehen und ein Eis zu essen. Es war dann doch schon etwas warm. Wir sind um 20:52 angekommen und nach rund 20 Minuten und mit 15,80 kWh mehr im Akku wieder weiter gefahren. Das hat uns ein Mehr von rund 80 Kilometer an Reichweite gebracht.

Die Archillesferse von Petrols OneCharge

Schaut man sich die Karte von OneCharge und deren Ladestationen an, so kann man feststellen: Entlang der Autobahnen wurde das Netz sehr stark ausgebaut. Das bedeutet konkret, dass es dort an jeder Raststation mit einer Tankstelle, auch eine Ladestation gibt, die mindestens 50 kW anbietet. Und hier haben wir schon zwei Probleme:

  • Es gibt zu 99% immer nur eine Ladestation. Hier werden ein CCS, ein CHAdeMO und ein AC 43 kW Ladeanschluss angeboten.
  • Die maximale Ladeleistung beträgt 50 kW.

Warum ist das ein Problem? Wenn ein Nissan Leaf den CHAdeMO Anschluss braucht, kann jemand am CCS Anschluss nicht laden, da er die Ladeleistung nicht bekommt. Vor allem in der Sommerzeit, wo viele Menschen in Richtung Adria fahren, wird das durch die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs zu einem großen Problem werden. Deshalb mein Tipp: Auf die Ladekurve des Autos schauen und nicht mit 10% oder weniger bei der Ladesäule ankommen. Auch im Vorfeld in die App oder auf die Webseite schauen ob die entsprechende Säule frei ist.

Dritter Ladestopp bei Ionity Koper

Rund 126 Kilometer nach dem Stopp bei Ljubljana sind wir dann um 10:27 in Koper bei der Ionity Ladestation mit 25% SoC angekommen. Das heißt, wir haben 5 Stunden und 37 Minuten von Wien nach Koper gebraucht. Normalerweise wären nach dieser Zeit schon in Karigador angekommen. Wir haben für diese Strecke 17,5 kWh gebraucht und hatten eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 111 km/h. Die letzten 15, 20 Kilometer gehen praktisch bergab und somit haben wir binnen kürzester Zeit rund 100 Kilometer an Reichweite rekuperiert. Praktisch!

Hätten wir den Ladestopp in Koper gebraucht? Nein – die letzten 40 Kilometer hätten wir locker geschafft. Aber, das hatte ich im ersten Beitrag erwähnt, ich wollte nicht mit 10% ankommen, sondern ich wollte für den nächsten Tag einen Polster im Akku haben.

Nach 15 Minuten und 59% im Akku sind wir dann weiter gefahren.

Angekommen!

Das letzte Teilstück waren rund 40 Kilometer und die haben wir relativ flott geschafft – wir sind mit 47% SoC und 159 Kilometer Reichweite beim Haus um 23:28 angekommen und hatten somit mehr als genug Energie im Akku für den nächsten Tag.

Fazit

Die Hinfahrt war noch entspanner als gedacht. Meine Gedanken, die ich mir im Vorfeld gemacht habe, waren zwar wichtig, aber hätte im Detail nicht so sein müssen. Man lernt ja nie aus – das war die längste Strecke, die wir mit dem ID.3 am Stück gefahren sind und war auch ins Ausland. Hier gibt es ja immer Unsicherheitsfaktoren und deshalb ist es wichtig vor der Reise einen Überblick zu haben.

Der Unterschied zum Verbrenner sind die Ladestopps. Mit dem Fiat bin ich auch nicht viel schneller gefahren, weil es im Auto laut war und dann schon recht unangenehm. Wir haben insgesamt 6 Stunden und 38 Minuten gebraucht. Die Ladestopps waren:

  • Ionity Maribor: 30 Minuten
  • OneCharge Ljubljana: 20 Minuten
  • Ionity Koper: 16 Minuten

Das heißt, dass wir mit dem Elektroauto eine Stunde länger gebraucht haben als mit meinem alten Fiat. Nervig? Nun, es ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits komme ich gern schnell am Zielort an. Dieses unnötige Stehenbleiben und Fahren ist (für uns zumindest) der Mittel zum Zweck: Nämlich am Zielort anzukommen. Der Rest nervt. Deshalb ist es natürlich mühsam, dass man “plötzlich” eine Stunde länger braucht.

Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass es vom Flow nicht störend war. Dank Travelassist (ja, den gibt es auch bei Golf und Co.) bin ich noch nie so entspannt so lange Auto gefahren. Das war wirklich klasse.

Mein Learning für die Strecke nach Kroatien: Ein Ladestopp in Maribor reicht vollkommen. Ja, ich komme mit 10% SoC in Karigador an. Aber am nächsten Tag und den paar Kilometern Restreichweite können wir das Auto während des Einkaufs beim Kaufland in Umag (sofern dieser frei ist…) kostenlos für 10, 15 Minuten aufladen. Alternativ können wir es auch beim Ferienhaus anstecken.

Und der ID.3?

Nach Jahren mit dem Fiat Punto und einigen anderen Miet-Autos (in den USA,…) habe ich noch nie solch ein angenehmes Reiseauto fahren dürfen. Wie bereits erwähnt: Der Travelassist macht einem das Leben auf der Autobahn einfacher. Er hält den Abstand, erkennt Geschwindigkeitslimits (auch die über der Straße – hallo Tesla!) und hält die Spur. Das lässt einen beim Fahren etwas entspannen und man wird nicht so schnell müde.

Wie man am Video gut hören kann: Es ist extrem leise. Meine Frau und ich konnten und besser unterhalten und mussten uns nicht anschreien, damit man versteht, was der Andere sagt. Und was den Vebrauch betrifft… Ich glaube, dass die Bilder hier eine eigene Sprache sprechen. Wir haben im Schnitt 16,9 kWh Energie auf 100 Kilometer genutzt. Der Travelassist war auf 120 km/h eingestellt. In der Theorie bedeutet das: 343 Autobahn-Kilometer Reichweite. Aber man fährt ja das Auto nie auf 0% runter und das sollte man bitteschön auch nicht.

Hier geht es zum dritten und letzten Teil. In diesem Beitrag setze ich mich mit dem Thema Elektroauto in Kroatien und der Rückfahrt nach Wien auseinander.