Für uns Kroaten gibt es nur ein schönstes Land der Welt: Kroatien. Aus diesem Grund fahren meine Frau und ich selbstverständlich bei jeder Gelegenheit ans Meer und genießen die Zeit in meiner Heimat.
Ab diesem Jahr wird die (manchmal kurze) Auszeit mit einer “Studie” kombiniert: Ich möchte sehen wie es der Ladeinfrastruktur für Elektroautos in Kroatien geht. Diese “Studie” habe ich erstmals im Juli 2022 gestartet, mit dem Ford Mustang Mach-E. Dazu sind wir quer durch das Land gefahren und haben die meistbefahrene Route unter die Lupe genommen: Vom Grenzübergang Macelj bis runter nach Dalmatien und zurück nach Istrien. Über 1750 Kilometer haben wir in 2 Wochen zurück gelegt.
Die Grundidee
Fakt ist: Der Verkehr muss, lieber früher als später, elektrifiziert werden, sodass die Co2 Belastung durch diesen sinkt. Vor allem der Reiseverkehr verursacht hier in den Sommermonaten viel überflüssige Treibhausgase, die durch Elektroautos verhindert werden könnten. Doch damit mehr Menschen ein Elektroauto kaufen, braucht es entsprechende Möglichkeiten diese auch aufzuladen, egal ob es öffentliche oder private Ladestationen sind.
Aus diesem Grund möchte ich bei jeder Gelegenheit der E-Infrastruktur in Kroatien auf den Zahn fühlen: Wie ist der Status-Quo und wie sind die Ausbaupläne? Funktionieren die Säulen, wie schnell sind sie und in welcher Stückzahl gibt es sie? Über das absurde Pricing von Elen hatte ich hier schon geschrieben, das wird aber sicherlich weiter ein heißes Thema auf diesem Blog bleiben.
Der Status Quo im Juli 2022
Zur Zeit gibt es auf dem gesamten kroatischen Staatsgebiet 556 Ladestandorte bestehens aus 1.233 einzelnen Anschlüssen. 278 von diesen sind mit CCS ausgestattet. Von diesen wiederrum 77 auf Tesla fallen. Somit gibt es in Kroatien 201 frei zugängliche CCS Ladestecker.
Die restlichen sind: 151 CHAdeMO Anschlüsse und rund 800 AC Ladeanschlüsse bis 22 kW, die hauptsächlich in Städten, kleinen Ortschaften und Parkplätzen zu finden sind.
Das Problem Nummer 1: Das schlecht ausgebaute HPC Netz
Wie bereits erwähnt. Kroatien ist eine beliebte Urlaubsdestination. Viele Menschen fahren, aufgrund der sehr guten Erreichbarkeit, mit dem Auto ans Meer. Und immer mehr Menschen fahren mit ihrem Elektroauto nach Kroatien: Es ist ja nicht weit. Was viele dann, leider, auf dem falschen Fuß erwischt: Die absurd schlechte HPC Infrastruktur.
Von den 278 CCS Anschlüssen, liefert nur ein Teil der CCS Anschlüsse über 50 kW, wie man eindrucksvoll an dieser doch sehr genauen Karte vom Dienst chargeprice.app sehen kann:
Bei einer näheren Betrachtung fällt dann einem auf, dass die Platzierung der Schnelllader ebenfalls sehr schlecht ist. Fährt man von Zagreb nach Rijeka scheint alles gut zu sein – auf dem Teil der Autobahn A1 und A6 scheint es genug davon zu geben. Entscheidet man sich dann doch zu einer Reise nach Dalmatien, wird es dann bitterer, denn auf dieser Strecke gibt es hauptsächlich Ladestationen mit einem und wenn man Glückt hat zwei 50 kW CCS Anschlüssen. Und in der Hochsaison bedeutet das dann: Ladestaus. Massive Ladestaus.
Von Split nach Dubrovnik gibt es keinen einzigen Schnelllader – das sind rund 240 Kilometer. Ein Armutszeugnis.
Eine Region wie Slawonien hat über 891.000 Einwohner und für diese Region, die (auch hauptsächlich im Sommer) von ausgewanderten Kroaten besucht wird, gibt es in Slavonski Brod zwei 150 kW CCS Ladestecker! Für eine gesamte Region, die knapp 900.000 Einwohner hat.
Das Problem Nummer 2: Die 50 kW Ladestationen
Im Rahmen diverser europäischer Initiativen, hat der staatliche Energiekonzern HEP sein Ladenetzwerk aufgebaut. Hier waren vor allem 50 kW Ladestationen im Fokus, da sie für vergleichbar (zu 100 kW und mehr) “wenig Geld” errichtet werden können. So hat HEP mit “einem Schlag” sein vermeintlich großes Ladenetzwerk mit “schnellen” 50 kW Ladestationen aufgebaut. Grundsätzlich ist dagegen auch nichts einzuwenden, wäre da nicht das Jahr 2022 und die Tatsache, dass Fahrzeuge jenseits der 100 kW aufnehmen können.
Der Ford Mustang Mach-E mit seinen 88 kWh großen Akku (der Akku ist rund 100 kWh groß, nur 88 davon sind nutzbar) braucht an einer 50 kW Säule von 10 auf 80% (rund 68 kWh an aufgenommener Energie) 1 Stunde und 21 Minuten!
An einem ordentlichen 175 kW HPC braucht man 50 Minuten (!!!) kürzer, wie man im Bild hier erkennen kann. Sofern man solch einen in Kroatien überhaupt findet.
Aber du bist doch im Urlaub!
Ja und das nach diesem Motto haben wir auch unsere Route mit dem Mach-E gestaltet. Wir hatten es nicht eilig, ergo haben mich die 50 kW Säulen zum Teil nicht geärgert, da wir Zeit hatten. Aber Aussagen wie diese zeigen, dass über das Problem nicht nachgedacht wird. Warum?
Sehr oft sind an Raststationen Säulen wie die aus Bild vorzufinden. Man steckt an, sofern sie frei ist, geht aufs WC und isst eventuell eine Kleinigkeit. So hat man die Zeit teilweise überbrückt. Allerdings ist man nicht alleine: Es ist Urlaubszeit. Menschen fahren mit ihren Autos auf Urlaub und wollen, so wie du, ihr Auto aufladen. Gibt es nur einen 50 kW Lader ergibt das eine Packung an Problemen:
- Ich brauche statt 30, 80 Minuten. Mehr als doppelt so lang um eine brauchbare Reichweite nachgeladen zu haben
- Man erzeugt einen Ladestau
- Die Fahrzeit verlängert sich deutlich
In 1 Stunde und 20 Minuten hätten wahrscheinlich drei Autos an einer 175 kW Säule ihr Auto aufladen können. Hier entstehen Probleme, die man mit einer brauchbaren HPC Infrastrukur nicht hätte.
Das Problem Nummer 3: Die Säulen funktionieren nicht oder sind zugeparkt
Leider, und das betrifft nicht nur ELEN, haben wir in unserer Zeit in Kroatien nicht nur eine, sonder viele nicht funktionierende Ladesäulen vorgefunden. Am Tag unserer Anreise nach Crikvenica fielen fast die gesamten Ladesäulen in Kroatien aus – betroffen waren ELEN und Petrol. Hier hatte der Zahlungsdienstleister Probleme. Die Säulen haben zwar funktioniert, aber keine RFID Karte hat funktioniert. Auch das Starten in der App klappte nicht. Besonders unangenehm war es für einen Tschechen, der mit weniger als 10% bei einer 150 kW Petrol Säule ankam und defacto gestrandet war.
Die Lösung für das Problem ist eigentlich relativ einfach: Wenn die Säule nicht mit dem Backend kommunizieren kann, dann sollte man kostenlos laden können. So macht es Ionity um ein Beispiel zu nennen.
Neben den Software-Problemen, kommen aber noch andere hinzu. Und zwar, dass die Säule an der Autobahn einfach nicht funktioniert. In der App wird sie als funktionierend angezeigt, startet den Ladevorgang allerdings nicht. Doch auch AC Säulen, die Einzige in der Stadt, können auch einfach mal nicht funktionieren:
Ab der Abzweigung auf der Autobahn in Richtung Dubrovnik ist die Infrastruktur wirklich schlecht. Wenn es Ladestationen entlang der Autobahn gibt, dann handelt es sich um eine 50 kW Säule von ABB, die von ELEN betrieben wird. Und die scheinen eine bemerkenswerte Beziehung zu ihrer Infrastruktur zu haben, denn es kam in diesen zwei Wochen nicht nur einmal vor, dass die so wichtigen Säulen, einfach nicht funktioniert haben.
Da wir eine Pause machen wollten (WC, Kaffee, Eis,…), wollten wir diese bei einer Raststation mit einer 50 kW Ladesäule machen. Während dieses 20 Minuten Stopps könnte ich so viel Energie nachladen um 100 Kilometer weiter zu kommen. Was jetzt kommt überrascht wohl niemanden: Die Säule funktionierte nicht.
Anfrage an ELEN & Rovinj
Ich hatte noch im Augst eine Mail an ELEN mit einigen Fragen geschickt. Diese lauteten wie folgt:
- Do you have ANY plans on upgrading the slow 50 kW chargers to proper HPCs in the near future alongside the highways and main tourist-routes through Croatia?
- Are there any plans to expand the 11/22 kW AC chargers in cities and parking lots in bigger / “tourist” cities like Rovinj, which is the most visited city in Croatia?
- What plans are in place to ensure that chargers work properly? We encountered many 11 kW and 50 kW chargers, which were not working at all. One day (it was the 15th of July) not a single charger was working in the whole country. We met some EV-drivers on their way to the “Jadran”, who were stranded, because the chargers wouldn't accept their charging cards.
- Ionity for example offers free charging, if the station is not able to accept any charging cards because of a backend error – which you had on this day
- What is your plan on people with ICE cars blocking the charging station?
- What was the thinking behind your new pricing structure? How comes that charging in Croatia is more expensive than in Austria, for example?
Ich warte bis heute auf eine Stellungnahme von ELEN – eine Antwort gab es leider keine. Eine Mail an Rovinj, warum die meistbesuchte Stadt Kroatiens zwei 11 kW AC Säulen und eine öffentliche 50 kW DC Station für seine Besucher, die mit dem Fahrzeug anreisen, anbietet. Die Anfrage war leider unbefriedigend, da die verantwortliche Person offenbar meine Frage nicht verstanden hat:
Dear Mr Kelava,
thank you so much for writing about Rovinj, we are very glad you liked our lovely town.
The City of Rovnj-Rovigno has 3 chargers point: Carducci street (near the Church of Our Mother of Mercy), Matteo Benussi street (in front of the post office) and at the Valdibora parking. Now is in function just the one in Carducci street because they are working on the other two to reinforce them (in Kw) and in adding one place on each location so every point will have 2 car places.
Best regards,
Iva Damuggia
Professional collaborator for promotion and public relations
Was ist mit Ionity?
Kommen wir zum letzten Thema: Ionity. Nun. Das ist so eine Sache. Der größte offene DC-Ladesäulen-Anbieter in ganz Europa hat in Kroatien brav ausgebaut: In Istrien gibt es vier Säulen. Bei Zadar wurde der Lade”park” von zwei auf vier Säulen ausgebaut. Bei Zagreb gibt es ebenfalls die Möglichkeit bei Ionity den Premium Strom zu laden. Einzig in Slawonien gibt es keine einzige Station…
Dafür, dass diese Säulen hauptsächlich in den Sommermonaten genutzt werden, ist das schon okay. Das Problem ist allerdings, dass die Säulen in Istrien, genauer bei Okreti, ständig (!) Probleme haben und oft nur zwei von Vier Ladestationen funktionieren. Und das obwohl die Stationen erst dieses Jahr gebaut wurden!
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages (04.10.2022) ist aktuell nur eine Säule kaputt. Für die Säulen bei Zadar sah es in diesem Fall nicht besser aus, denn hier war zum Zeitpunkt der Reise eine Säule defekt und die Andere funktionierte. Frustrierend.
Gerade wenn man sich auf Ionity verlässt und dann eventuell strandet (das ist uns nicht passiert), ist das mehr als nur ärgerlich. Als E-Auto Fahrer erwartet man sich einfach, dass die Säulen funktionieren. Auch, weil es – anders als bei einer Tankstelle – ein anderer, zeitintensiverer Vorgang ist MUSS die Infrastruktur einfach laufen. Vor allem, wenn man Ionity heißt.
Ausschau
Wird sich die Situation in Kroatien verbessern? Da seitens ELEN Funkstille herrscht und ich den Ausbau in den letzten Wochen und Monaten beobachtet habe, muss ich sagen: Nein. Kurzfristig wird hier nichts passieren. Ich habe so das Gefühl, dass sich ELEN seiner Verantwortung nicht bewusst ist und argumentiert, dass man “eh” so viele “Schnelllader hat und hier in naher Zukunft nichts mehr tun muss. Nächstes Jahr um die Zeit wird es einen neuen Beitrag geben. Ich bin gespannt, was sich in der Zwischenzeit tun wird.
Wie es uns mit dem Ford Mustang Mach-E in diesen 2 Wochen gegangen ist, wirst du in meinem Reisebericht erfahren, der demnächst erscheinen wird.
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