Langzeit-Review: Ein Jahr & knapp 30.000 km mit dem VW ID.3

Wie war das Jahr oder knapp 30.000 Kilometer mit dem ID.3? Mein Langzeit Review…

Viele YouTuber und einschlägige “Fachmedien” haben ihre Reviews zum ID.3 schon lange veröffentlicht. Ich habe mir Zeit gelassen, weil ich glaube, dass ein Review mit einem Objekt – egal ob Smartphone oder eben ein Auto – erst nach einer längeren Phase sinnvoll ist. Nun fahre ich den ID.3 seit genau einem Jahr (am 8. Oktober 2020 wurden die Kennzeichen auf das Auto montiert) und traue mich nun ein aussagekräftiges Review zu veröffentlichen. Warum so spät? Nun, wie man bei den vielen Testberichten gelesen hat wurde (teilweise) darauf hingewiesen, dass die Software des Autos nicht final sei und somit die Freude auf das Auto etwas getrübt wird. Nachdem mein ID.3 Ende Juli nun das Update 2.3 erhalten hat, traue ich mich zu 100% ein Fazit über das Auto zu ziehen; wobei auch Vorsicht geboten ist. Warum? Der ID.3 ist das erste Auto aus dem Hause Volkswagen, das “Over the Air” Updates erhalten wird und die Software somit nie final ist. Und trotzdem wird es Zeit, dass ich nun meine Erfahrung mit dem ID.3 mit dir teile.

Der ID.3 – der Golf des 21. Jahrhunderts

Diese Überschrift ist wohl etwas verwirrend – absichtlich. Es gibt ja noch den Golf, mittlerweile in der Version 8, und wir werden mit Sicherheit noch den 9er und vielleicht sogar einen 10er Golf erleben, ehe diese Ära der Dominanz von VW zu Grabe getragen wird. Und dieses schwere Erbe soll der ID.3 dann antreten. Das möchten uns die Wolfsburger jedenfalls so verkaufen. Der ID.3 heißt, ID.3 weil er das dritte Zeitalter des Autokonzerns eingeläutet hat. Nach Käfer (Zeitalter 1) und Golf (Zeitalter 2) kommt jetzt der ID.3 (das dritte Zeitalter – wie der Name schon verrät).

Und warum der ID.3 der Golf des 21. Jahrhunderts werden soll, zeigt Volkswagen mit der Designsprache eindeutig. Egal von welcher Seite der ID.3 betrachtet wird, er kann seine Verwandtschaft zum Golf nicht verstecken. Das ist auch genau das, auf was der Konzern abgezielt hat. Denn der typische VW Fahrer ist rund 58 Jahre alt und kauft eben Golf und genau diese Käuferschicht möchte Volkswagen abholen.

Die Verwandschaft können der Golf 8 (oben) und der ID.3 (unten) nicht abstreiten.

Der ID3. ist etwas komplett Neues das gleichzeitig altbekannt aussieht und wirkt. Und genau das war das Ziel. Und trotzdem gibt es Elemente, die für den typischen Golfkäufer ein Novum sind. Da wäre das große Platzangebot, der Heckantrieb oder der sehr gute Wendekreis. Und ja. Auch Leistung satt, sodass so mancher GTI Fahrer blöd aus der Wäsche schaut und das ohne “proletig” zu wirken.

50% der Käufer sind Neukunden

Von den über 144.000 verkauften ID.3 sind, laut Volkswagen, 70.000 Käufer VW-Neukunden. Das zeigt, dass der eingeschlagene Weg absolut richtig war. Normalerweise liegt die Neukundenrate bei rund 35% – hier ist sie deutlich drüber. Grundsätzlich verkauft sich der ID.3 hervorragend, denn Volkswagen hat sich die Marktführerschaft bei den Neuzulassungen in Europa mit dem “hot hatchback” geholt und baut sie mit ID.4 weiter aus.

Weiter mit dem Review.

Meine persönliche ID.3 Geschichte

Eines war mir nach einiger Zeit relativ schnell klar: Nach meinem Fiat Punto (2012) muss ein Elektroauto her. Nach dem Video von “Fully Charged” wo sie in Kalifornien den Prototypen vom ID Buzz ausführlich vorgestellt haben, war ich angefixt. Volkswagen hat 2018 ganz klar gezeigt, dass sie es ernst meinen und hier eine Reihe von Autos auf den Markt bringen werden und das auf Basis der bekannten VW Qualität.

Dann war es im 08. Mai 2019 endlich soweit! Nach vielen Presseevents, wo Pressevertreter das Auto (unteranderem in Südafrika fahren durften) wurde das Auto bei einem Prebooking-Event “vorgestellt”. Danach habe ich die 1000€ Deposit bei Volkswagen hinterlegt und meinen Spot für das Auto zu reservieren.

8 Monate nachdem ich das Auto bei Volkswagen reserviert hatte, habe ich ihn dann im Jänner 2020 bei der Vienna Autoshow gesehen. Dort konnte ich einen sehr guten Eindruck vom Auto bekommen und wurde in meinem Vorhaben bestätigt. Der ID.3 war – im Vergleich zu den bisherigen VWs – ein frischer Wind im gesamten Lineup.

Es dauerte dann bis zum 8. Oktober 2020 – also 1,5 Jahre – bis ich das Auto dann tatsächlich in Wien Liesing bei Porsche Wien Liesing Empfang nehmen konnte…

So fährt sich der ID.3

Mein ID.3 ist der 1st Max Performance und somit das Topmodell der ersten Serie, die auf etwas über 30.000 Stück limitiert war. Die Zahlen diese Modells lesen sich so: 150 kW (204 PS) und in rund 7 Sekunden von 0 auf 100. Alles zahlen, mit denen man etwas anfangen kann. Eine Umstellung war allerdings – und das wird sie für viele ehemalige Golf-Fahrer werden – der Heckantrieb. Alle Autos, die auf der MEB Plattform basieren, sind Hecktriebler. Und Mannomann. Das macht vielleicht Spaß. Frei nach dem Motto: Nur daquer bist wer!

Es macht richtig Spaß das Auto auf kurvigen Landstraßen zu fahren, auch weil zu jeder Zeit Power da ist, die für dieses großartige Fahrvergnügen sorgt. Das Auto schiebt schön aus der Kurve, ohne zu übersteuern. Es gilt aber aufzupassen, dass man das Strompedal nicht zu weit durchdrückt. Dann könnte das Heck auch schon mal nach vorne kommen. Wobei ich nie das Gefühl hatte, nie die Kontrolle zu verlieren.

Fehlender Motorlärm

Grundsätzlich sollte man als BEV-Neuling immer ein Auge auf das Tacho oder das Head-Up-Display, kurz HUD, haben. Der Grund: Das Motorengeräusch fehlt vollkommen. Bei meinem alten Fiat habe ich mich immer auf mein Gehör verlassen, um die aktuell gefahrene Geschwindigkeit einzuschätzen. Aber selbst über 27.000 Kilometer mit dem ID.3 in den unterschiedlichsten Geschwindigkeiten (Autobahn, Landstraße oder in der Stadt), habe ich noch immer kein Gespür für den Speed entwickelt. Deshalb muss ich immer aufpassen, dass ich nicht zu schnell fahre – und das ist mir leider nicht immer gelungen. Das Beweisen die mittlerweile drei Strafzettel, die ich schon bekommen habe.

Auf der Autobahn unterwegs

Und auf der Autobahn? Dort fährt sich der ID.3 großartig. Den größten Teil der über 27.000 Kilometer habe ich mit dem Auto auf der Autobahn zurückgelegt. Er ist leise, gemütlich und hat für Überholvorgänge die nötige Power. Herz was willst du mehr? Nun, wenn es eine Sache ist, die ich mir wünschen könnte: Mehr als 160 fahren zu können. Der ID.3 ist auf 160 km/h limitiert und das er locker mehr als das schaffen könnte – die ich natürlich nur in Deutschland fahre! Neben den sehr guten Fahreigenschaften sind die Assistenzsysteme, wie der Travel Assist, eine echte Erleichterung. Selbst nach mehreren Stunden – auf dem Weg nach Kroatien – wurde ich nicht so müde, wie mit meinem alten Punto. Das Auto übernimmt die Spurführung, hält die Geschwindigkeit und Abstand. Somit erleichtert dieses Feature das Fahren so sehr. In meinem Dreiteiler “Mit dem Elektroauto nach Kroatien” habe ich den Travel Assist nochmals ausführlich getestet.

Wie sind die Assistenzsysteme so?

Mein ID.3 hat alle bei Volkswagen verfügbaren Systeme integriert: Travel-, Line- und Side-Assist. Diese ermöglichen das „autonome Fahren“ Level 2 und das bedeutet, dass das System von einem Menschen Fahrer kontrolliert wird. Die Systeme unterstützen einen dabei. Für mich bedeutet das, dass ich auf der Autobahn entspannter fahren kann, weil es mich beim Abstandhalten, bei der Geschwindigkeit und dem Lenken unterstützt. Der ID.3 bremst, beschleunigt und lenkt für mich. Ich muss aber zu jeder Zeit eingreifen können und somit aufmerksam sein. Und trotzdem: Das Autofahren wird dadurch deutlich relaxter, weil der Travelassist den Abstand zum Vordermann hält und in Kurven lenkt. Meine Hand muss dazu ständig auf dem Lenkrad sein, denn nach 10 Sekunden gibt es eine erste Warnung, nach 20 Sekunden die Zweite und nach 30 Sekunden ruckelt es am Gurt und wird langsamer; man könnte ja eingeschlafen sein.

Neben dem Travelassist, hat das System noch das eine oder andere Feature, das ich einfach nicht mehr vermissen möchte. Einerseits hat es eine gute Verkehrschilderkennung und andererseits wird diese Information ins HUD projiziert, sodass man immer die richtige Geschwindigkeit fährt.

Wie viel Reichweite hat denn der ID.3?

Mit 9,5 kWh/100 Kilometer würde der ID.3 mit dem 58 kWh Akku 610 Kilometer weit kommen.

Diese Frage bekomme ich gefühlt jedes Mal gestellt, wenn es um das Auto geht. Das Thema der sogenannten Reichweiten-Angst ist noch immer in den Köpfen der Menschen verankert. „Wie weit komme ich mit einer Ladung? Wie sieht es mit dem Laden aus? Und wie lange dauert das Laden und das dauert sicherlich eine Ewigkeit!“ – alles Fragen, die man ständig beantworten muss. Ich überlege schon ein FAQ hier auf meinem Blog zu schreiben und den Menschen den Link zu schicken.

Ja, ich verstehe die Fragen schon – Menschen setzen sich mit dem Thema, noch nicht, auseinander und verstehen vieles nicht. Ja, kein Elektroauto kann mit der Reichweite eines vollgetankten Golf 8 TDI mithalten. Auch nicht mit dem Tanken. Der ID.3 braucht etwas mehr als 30 Minuten, um von 10 auf 80% zu kommen. Der Golf 8 drei Minuten um 700 oder 800 Kilometer zu kommen. Das ist auch der Vorteil der Autos mit Diesel/Benzin-Motor.  

700km am Stück? Bin ich nie gefahren und fahre ich auch nicht

Allerdings ist die Frage der Reichweite eine Scheinfrage, denn wann braucht man denn einen vollen Tank und fährt am Stück 700 Kilometer? Einmal im Jahr. Vielleicht. Die tägliche Strecke von Otto-Normal beträgt im Schnitt nur 36 Kilometer pro Tag. Solche Strecken wären IDEAL für ein Elektroauto. Doch auch auf der Autobahn muss sich mein ID.3 nicht verstecken, denn mit 120 km/h schafft dieser locker 300 Kilometer. Unsere „Hausstrecke“ ans Meer, die rund 550 Kilometer lang ist, schafft er mit einem 30 Minuten Stopp. Mit dem Punto bin ich auf dem Weg auch zwei Mal 15 Minuten stehen geblieben: WC, Vignette kaufen, Trinken, Beine etwas auflockern und manchmal sogar etwas essen.

Nach 508 Kilometer hatte er einen Verbrauch von 16,8 kWh/100 km – damit kommt man (bei 100% Akku) 345 Kilometer

Einen Hinweis muss ich an dieser Stelle aber platzieren: Kalte Monate und BEVs… das ist eine Hassliebe. Einerseits sorgen die tieferen Temperaturen für erhöhten Energiebedarf, Stichwort Heizung, und andererseits verändert sich einiges im Akku und er kann nicht so viel Energie aufnehmen wie im Sommer. Das bedeutet: Die Reichweite sinkt und der Akku ist kühler, sodass er die maximale Ladeleistung von (bei mir) 130 kW nicht mehr so leicht erreicht.

Wo ladest du denn? Ich habe bei mir keine Ladesäule!

Diese Frage darf ich auch, gefühlt jeden Tag, beantworten. Erst recht, wenn noch beiläufig erwähnt wird, dass zuhause (weil Wohnung oder Tiefgarage) nicht geladen werden kann. Ich habe keine Wallbox, obwohl ich ein Haus mit Garten habe. Mangels eigener Ladeinfrastruktur, habe ich die letzten 365 Tage mit dem ID.3 recht gut überlebt. In meinem Ort, Breitenfurt, gibt es 3 öffentliche Ladesäulen mit 4 11 kW Lademöglichkeiten:

Und wie lade ich jetzt? Einerseits nutze ich die Säulen, wenn ich weiß, dass ich am nächsten Tag einen “vollen” Akku brauche, da ich eine Autobahn-Fahrt vor mir habe. Die restliche Zeit, wird das Auto – zwischendruch mal bei einem kostenlosen Lade bei Lidl während des Einkaufs, oder bei der SCS, wenn man zum IKEA fährt oder einfach in der Stadt bei den vielen Säulen der Wien Energie – geladen. Das Argument, dass man zuhause, oder in dem Ort, wo man wohnt das Auto laden muss, zählt deshalb bei mir nicht. Dafür ist mein “Use-Case” ein Paradebeispiel. Man braucht zuhause keine Wallbox um ein Elektroauto fahren zu können. Die Infrastruktur ist aktuell vollkommen ausreichend und gut ausgebaut. Und das Beste daran: Sie wird immer größer und dichter!

Ein “kleiner” Nachteil: Ab und zu bin ich dann doch zu faul, oder vergesse schlicht das Auto für die Termine zu reisen. Dann fahr ich eine halbe Stunde früher los und bleibe entweder bei Ionity beim Knoten Steinhäusl oder in Völlerndorf bei den da emobil Ladestationen stehen.

Gratis Parken in Wien

Und wenn man in der Woche 300 Kilometer fährt, dann reicht es einmal bei einem Schnelllader (Völlerndorf, Steinhäusl,…) stehenzubleiben und dort eine halbe Stunde lang das Auto aufzuladen. Oder man sucht sich Supermärkte aus, die gleich eine Ladestation mit dabei haben oder verirrt sich mal an einem Samstag zu einer 11 kW Säule und geht spazieren. In Wien kann man (wenn das Auto lädt) 3 Stunden gratis Parken.

Und was kostet das Laden?

I’m glad you asked. Auch so eine Frage, die ich sehr oft beantworten darf. In Österreich gibt es für Menschen, die viel fahren nur eine Antwort: Energie Graz. Der Anbieter hat eine Flatrate Ladekarte um 600€ im Jahr. Damit kann man 3500 kWh im Jahr laden – in ganz Österreich. Das bedeutet, dass man bei über 5000 Säulen sein Auto immer aufladen kann.

Für Menschen, die rund 20.000 Kilometer im Jahr fahren, ist das die perfekte Karte – vorausgesetzt man lädt ausschließlich mit der Karte.

Für Wenig-Fahrer können sich die Ladekarten des lokalen Energieanbieters auszahlen. In meinem Fall wäre das Wien Energie. Hier muss man einfach rechnen. Als Anhaltspunkt würde ich mich 18 kWh auf 100 Kilometer nehmen. Bei 10.000 Kilometer pro Jahr wären das also 1800 kWh im Jahr, die man braucht. Gibt es die Möglichkeit zuhause zu laden, dann ist das die günstigste Variante.

Und was kostet er so?

Mein Modell ist der ID.3 1st Max Performance und hat in Österreich 48.700 Euro gekostet. Teuer! Richtig. Aber das hat auch einen Grund: Die Ausstattung. Die 1st Edition hat, bis auf den Akku – der fasst 58 kWh – das größte Modell bietet 77 kWh, alle Extras an Board, die man beim ID.3 konfigurieren konnte. Diese sind unter anderem: 20 Zoll Alufelgen, Panoramadach, zahlreiche Fahrassistenten (Travel Assist, Lane Assist, Front Assist & Side Assist), Wärmepumpe, Komfortsitze mit Massagefunktion, induktives Laden des Smartphones, beheizbares Lederlenkrad, Ambiente-Beleuchtung und so weiter. 

Aber es geht auch günstiger. Einerseits gibt es den ID.3 auch mit einem kleineren Akku und „schlechter“ Ausstattung. Das ist das Pure Modell – das derzeit nicht verfügbar ist – HALLO CHIPMANGEL!!!! – würde auf 33.020 Euro kommen. Mit Umweltbonus sinkt der Preis auf knapp 30.000€. Ein guter Einstieg. Wer großen Wert auf die Reichweite legt, der kann beim 77 kWh Akku zugreifen. Hier startet man mit 44.290€ – Achtung. Die Preise können sich jederzeit ändern. Auf der VW-Webseite stehen immer die aktuellsten Preise!

Aber es geht noch günstiger. Neulich hatte ich dazu einen Beitrag geschrieben: CUPRA hat den Born in der Alpha Variante, das ist CUPRAs 1st Serie, zum Vorbestellen vorgestellt. Man war für 29.990€ dabei. Deutlich günstiger als ein vergleichbar ausgestatteter ID.3.

Wie ist die Software so?

Ich hatte vor einiger Zeit ein Facebook Live zum 2.3 Update veröffentlicht. Hier ungeschnitten und in voller Länge

Zum Start des ID.3 hat man eine Sache ganz stark gespürt: Volkswagen ist ein Autohersteller und keine Softwareschmiede. Hat es bis dato gereicht brauchbare Infotainmentoberflächen zu machen, reicht es für die modernen Autos nicht mehr. Hier muss man seine Aufgaben einfach besser machen.

Man merkt, dass Volkswagen das mit dem Autobauen ganz gut im Griff hat. Die Verarbeitung ist sehr gut – das Auto fährt sich fantastisch und ist leise. Der ID.3 gehört, nach dem Audi e-tron, zu den leisesten BEVs auf dem Markt. In dieser Disziplin haben die Wolfsburger also ihre Hausaufgaben gemacht.  

Bei der Software trennt sich dann die Spreu vom Weizen. Hier hat VW Aufholbedarf, auch, wenn die 2.3 Software, die per Juli 2021 als erstes großes Over-The-Air-Update ausgeliefert wird, schon ein großer Sprung nach vorne ist. Es hat sich innerhalb eines Jahres einiges getan – das Produkt reift beim Kunden. Doch es gibt noch einige Baustellen, die woanders deutlich besser erledigt werden. Die Konkurrenz ist groß.

Sprachsteuerung und fehlende Features

Die Sprachsteuerung funktioniert seit 2.3 deutlich schneller und zuverlässiger. Allerdings tut sich das System noch immer schwer sogenannte POIs zu finden. Auch das Senden von Orten aus der „We Connect ID“ App an das Auto funktioniert nicht so, wie es sich die Entwickler vorgestellt haben.

Grundsätzlich fehlen der App Features, die bei Golf und Co. schon vorhanden sind. Ja, es ist eine komplett neue Plattform – aber hier muss der Speed einfach besser werden. Da hinkt man doch deutlich hinterher. Trotz der guten Integration von kabellosem Android Auto / CarPlay oder anderen Nettigkeiten, wie dem Matrix-LED Licht, da andere Autos erkennt und automatisch den Bereich abblendet.

Laut Gerüchten, soll das 3.0 Update (2.4 wurde anscheinend gestrichen) Ende 2021 den Weg in die Autos finden. Da bin ich gespannt, was hier noch alles kommen soll. Gerüchte sagen, dass Fahrerprofile (ENDLICH) aktiviert werden. Ebenso soll ein Shop integriert werden, wo Upgrades wie der vom CUPRA Born bekannten Boost, gekauft werden können. Ebenso soll es dann Apps geben, wie Livescore für Sportarten oder andere Nettigkeiten. Man darf gespannt sein, denn bis Dezember ists nicht mehr so weit!

Nur positiv?! Ja und nein.

Ja. Das stimmt, weil ich mit dem Auto grundsätzlich zufrieden bin. Ich freue mich auf jede Tour – egal ob zum Einkaufen oder auf der Autobahn mehrere Stunden fahren. Das Auto macht einfach nur Spaß! Aber natürlich gibt es Dinge, die ich (neben der Software) negativ erwähnen muss – wobei das bei meinem Fall, jammern auf hohem Niveau ist.

Mein Auto wurde im September 2020 produziert und kann dem Modelljahr 2021 zugeordnet werden. Und ich dürfte hier doch einiges an Glück gehabt haben, denn einige 1st Mover aus der gleichnamigen Gruppe (die von VW mittlerweile aufgemacht und umbenannt wurde), meldeten immer wieder Fehler. Wie eine leere 12V Batterie. Dieser Fehler ist bei mir nur einmal aufgetreten und da hat die Mobilitätsgarantie (die jeder ID. Käufer für eine Zeit bekommt) geholfen. Der nette Herr hat meiner 12V Batterie etwas Saft gegeben und ich habe sie dann mittels herumfahren mit der Hochvoltbatterie aufgeladen. Vielen passierte das aber laufend – unangenehm. Auch mein Vorfall ereignete sich in der Früh, wo ich pünktlich zu einem Termin musste.

Knarrendes Glasdach

Bei meinem ID.3 kamen dann noch kleinere Mängel, die ein knarrendes Glasdach, lose Armlehne, eine klappernede Rückback und quietschende Lenkradtasten dazu. Alles Dinge, die vom Händler, Porsche Wien-Liesing, ohne Murren oder irgendwelche negativen Kommentare behoben wurden. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Das sind nunmal Dinge, die ich mir erwarte, wenn ich für ein Auto knapp 50.000€ hinlege. Da darf nix knarren oder quietschen.

Und letzlich ist es das, was zählt. Ja, diese Dinge wären vermeidbar gewesen. Definitiv. Auch, wiel es Zeit kostet das Auto dorthin zu stellen und so weiter. Aber die Fehler wurden behoben und das Auto läuft und läuft. Wie ich eingangs erwähnt hatte: VW hat hier ein tolles Auto hingestellt. Und bei der Einschätzung bleibe ich. Den Software-Teil möchte man auch lösen – das sieht man auch anhand der Umfragen, die in dieser Facebook Gruppe gestellt werden. Alleine der Sprung von 2.1 auf 2.3 war riesig. Und jetzt freue ich mich auf 3.0.

Kleinigkeiten

Kleinigkeiten, die die Erfahrung mit dem ID.3 versüßt hätten, aber leider fehlen. Einige hat VW beim ID.4 integriert und oder auch beim ID.3 verbessert.

Ich durfte den ID.4 für eine Woche fahren, danke an Volkswagen an dieser Stelle für die Leige!, und siehe da. Da waren Features dabei, die ich mir für meinen ID.3 1st gewünscht hätte. Wie eine automatische Heckklappe. Super praktisch, wenn man volle Hände hat und das Heck aufgeht. Oder eine 360 Grad Kamera-Ansicht des Autos. Der ID.3 hat (bei meinem Modell) nur eine Heckkamera. Ja und der größere Bildschirm. Der bringt zwar keine neuen Features, ist aber angenehmer zu bedienen.

Und dann gibt es Dinge, die ich komplett vermisse. Wie zum Beispiel, dass die Fronthaube auch mit Druckluftfedern aufgemacht wird. Und das mit der Fernbedienung. Eine bessere Ladekurve – wo das Auto nicht nur bis 30% mit 100kw lädt, sondern bis 40% eventuell und danach nicht so stark abflacht.

Eine Möglichkeit den Akku vorzuheizen, wenn man weiß, dass bald eine schnelle Ladung bevorsteht und natürlich auch im Navi eine Vorausberechnung des Ladezustandes. Kleinigkeiten, die schön wären.

Und dann gibt es die positiven Kleinigkeiten, wie das ID. Light, das dir den Ladestand angezeigt, oder dir beim Navigieren behilflich ist. Oder dir zeigt: Hey! Hände ans Steuer.

Tolle Ambientebeleuchtung

Oder, die Licht-Animation, wenn das Auto aktiviert wird. Oder die individualisierbare Innenbeleuchtung. Ja, das “biedere” VW hat sicherlich noch viel Arbeit vor sich, aber mit der ID. Serie hat das Unternehmen viel richtig gemacht. Einerseits weil rund die Hälfte der ID. Fahrer Neukunden sind. Die Hälfte hatte noch nie einen VW besessen (ich bin einer davon) und die alle sind obendrein um mehr als 10 Jahre jünger als der Otto-Normal-VW-Fahrer.

Was viele nicht verstehen: VW ist ein großer Konzern, der aufgrund eines Rufes Autos verkauft. Wenn da von heute auf morgen plötzlich alles anders ist, werden die treuen VW-Käufer verärgert und das möchte ein Unternehmen, das zehntausende Mitarbeiter hat, das Milliarden Euro Umsatz im Jahr macht, eher nicht machen. Deshalb sind solche Veränderungen “subtil” und brauchen ihre Zeit. Und der Erfolg mit seinen E-Autos, gibt dem Unternehmen recht. Und wer es etwas frecher möchte, der kann bei CUPRA vorbei schauen.

Fazit 

Dass ich mir den ID.3 genommen habe, war eine logische und gute Entscheidung. Auch, weil wir 2022 deutliche Preissteigerungen bei Benzin und Diesel sehen werden, und gerade deshalb kann ich mich entspannt zurücklehnen und weiterhin günstig mit meiner Energie Graz Karte laden.

Auch wenn die Software noch Optimierungsbedarf hat, ist und bleibt es Software, die mit Updates verbessert werden kann. Und gerade deshalb hat VW bei der Hardware vieles Richtig gemacht, denn der ID.3 ist ein wirklich gutes Auto, mit dem es Spaß macht durch die Kurven zu fahren oder auf der Autobahn zu cruisen. Und wenn man mal an der Ampel Leistung braucht, bekommt man sie mit einem gepflegten Tipser auf das Strompedal.

Wer sich jetzt ein Elektroauto holen möchte, der macht mit dem ID.3 absolut nichts falsch, muss sich angesichts des aktuellen weltweiten Chipmangels aber gedulden…

PS: Man kann mich gerne VW Fanboy nennen und ich stehe dazu. Auch, weil es dann doch etwas mühsam ist den ganzen T-Lemmingen zuhören zu müssen. Und weil ich etwas Verständnis dafür aufbringe, dass ein Unternehmen wie VW eine enorme Verantwortung für Mitarbeiter und das Land Deutschland hat und damit auch – vor allem nach der gesamten Diesel-Geschichte – umsichtig umgeht und keine Schnellschüsse macht.